These von Jean Baudrillard zu Neoliberalismus (und Zusammenhang Vietnam-Krieg und Aussetzung des Goldstandards und Deregulierung)

Ich möchte euch heute die These von Jean Baudrillard vorstellen, der einen Zusammenhang zwischen der Deregulierung der Märkte und des Finanzmarktes im Zuge der Neoliberalisierung mit als Auslöser wirtschaftlicher Krisen sieht. Dr. Jon Baldin fasst das Essay der Autors Baudrillard zusammen, in welchem Baudrillard darauf eingeht, wie der Neoliberalismus und die Hyper-Realwirtschaft, in der Gold als Standard abgelöst wurden die Finanzkrise 2008 begünstigten.

Ich habe euch unten den gesamten Artikel verlinkt und möchte euch hier ein paar kleine Ausschnitte (ins deutsche übersetzt) kommentiert vorstellen.

„Es gibt eine klare Beziehung zu Globalisierung und Imperialismus. Es gibt Nuancen, aber typischerweise unterstützt die politische Philosophie des Neoliberalismus die totale wirtschaftliche Liberalisierung, ultrafreien Handel, offene Märkte ohne geografische Beschränkung, vollständige Deregulierung und laufende Privatisierung. Es würde den öffentlichen Sektor zugunsten des privaten Sektors schwächen und verringern. Denn der Neoliberalismus, so seine Kritiker, ist eine Form des Fundamentalismus, so grob und gefährlich wie jeder andere Fundamentalismus. Dieser Marktfundamentalismus sucht Marktlösungen und schlägt Wettbewerb als Antwort auf jedes Problem vor. Der Wettbewerb ist jedoch nicht auf Augenhöhe: Er wird von denen mit Verbindungen und Kapitalkonzentration gewonnen, die auf Imperialismus, Sklaverei, Diebstahl und Abstammung beruhen. Die Spieler nehmen illegale Abkürzungen, schneiden kreative Ecken, beuten andere aus und vermeiden Steuerzahlungen. Wie bei jedem Wettbewerb sorgt es dafür, dass es einige Gewinner, aber eine Mehrheit von Verlierern gibt. Dies widerspricht der neoliberalen Behauptung, dass Wettbewerb das beste Ergebnis für alle Beteiligten sichert. Es hat sich eine politische Ökonomie etabliert, die letztlich nur einer wohlhabenden Elite zugute kommt. “

[…]

„Die Beschleunigung des Neoliberalismus ist eindeutig eine Krise an sich und ein Hintergrund für den tatsächlichen Zusammenbruch. Es wird zahlreiche Möglichkeiten geben, die Geschichte des Absturzes und der „größten Blase der Geschichte“ zu erzählen, aber irgendwann werden alle Handlungsstränge an einem Ort und einer Zeit zusammenlaufen: Camp David, Maryland, am Freitagnachmittag, den 13. August 1971. Hier traf Richard Nixon heimlich den Vorsitzenden der US-Notenbank, Arthur Burns, und andere Berater. Hintergrund waren hohe Inflation und hohe Arbeitslosigkeit. Dies waren Auswirkungen der Tatsache, dass die USA seit Mitte der 1960er Jahre begonnen hatten, enorme Summen zu leihen, um Lyndon B. Johnsons „Great Society“ und den Vietnamkrieg zu finanzieren. Im Wesentlichen „begann die USA, erheblich über ihre Verhältnisse zu leben – und zu töten“ (Kunkel, 2012:23). Um einen Ansturm auf die US-Reserven abzuwenden, kündigte Nixon am Sonntag, den 15. August, vor Marktöffnung im Fernsehen den Rat an, dem er folgen werde: „Ich habe Außenminister Connally angewiesen, die Konvertibilität [*Konvertierbarkeit] des Dollars in Gold vorübergehend auszusetzen“

Was ich an den Ausführungen besonders interessant finde, ist der Zusammenhang zwischen der Verschuldung im Vietnam-Krieg durch die USA, der sehr ressourcenaufwendig für die USA war, und der Entscheidung den Goldstandard auszusetzen, was wiederum zu einer Deregulation der Finanzmärkte führte. Die wirklichen neoliberalen Reformen begannen vor allem ab den 80er Jahren in westlichen Nationen darunter USA unter Reagan , in GB unter Thatcher und in Deutschland mit dem Lambsdorff-Papier und heizten die Deregulierung und damit verbundene Konsequenzen weiter an. Deregulierung führt zwangsläufig zu Instabilität und begünstigt nur kleine Interessensgruppen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen einer Kriegswirtschaft könnten auch in der Zukunft als Argument genutzt werden Deregulationen weiter voranzutreiben mit dem Argument, man wolle damit das wirtschaftliche Wachstum wieder herstellen. Mit wirtschaftlichem Wachstum ist aber in neoliberalen Gesellschaften in der Regel der Selbstzweck der Steigerung der Kapitalakkumulation gemeint. Dieser Selbstzweck dient allerdings nicht der Volkswirtschaft, sondern wenigen profitierenden Interessensgruppen. Deregulation führt nicht nur zur wirtschaftlicher Instabilität und mehr Druck durch den Arbeitsmarkt, durch die Flexibilisierung und Rationalisierung von Arbeitsprozessen, was auch zu mehr Ausbeutung oder psychischer Belastung oder seelischer Krankheit führen kann, sondern kann auch dazu führen, dass der Selbstzweck der Gewinnsteigerung genutzt wird, um Umweltschutzmaßnahmen abzubauen und Raubbau der Natur und Ausbeutung voranzutreiben. Ich finde die Ausführungen sehr gelungen, auch wenn ich an einigen Stellen dem ursprünglichen Autor Unrecht geben muss, da er eine falsche Schlussfolgerung daraus zieht. Das Ziel darf es nicht sein innerhalb dieses Systems mitzuschwimmen, sondern muss sich darauf ausrichten die Wachstumsdoktrine, Akkumulation als Selbstzweck, grenzenlose Akkumulation und Geldmengen ohne Bezug zu realen Verhältnissen zu überwinden, um langfristig ein System zu erreichen indem wieder ein Bezug zur realen Umwelt und den realen sozialen und physischen Bedürfnissen von Menschen und Lebewesen besteht.

Quelle: https://baudrillardstudies.ubishops.ca/baudrillard-and-neoliberalism/

Datum: 31. Oktober 2022

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Gepostet von Marisa's Blog Diskussionsforum - Stiftung Gewaltfreies Leben am Sonntag, 19. März 2023