Grüner Kapitalismus ist keine Lösung – Warum wir eine radikale Alternative zum grünen Kapitalismus brauchen

Klimakrise und Umweltschutz sind neben der steigenden Kluft zwischen Arm und Reich sowie globalen Konflikten und Militarisierung eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Der Klimawandel und die Zerstörung der Umwelt bedrohen nicht nur die Existenz von Millionen von Tieren und Pflanzen, sondern auch die Zukunft der gesamten Menschheit. Wenn die Temperaturen steigen, werden verschiedene Regionen zunehmend unbewohnbar werden. Extremwetter und Naturkatastrophen werden zunehmen. Um diese Krise zu bewältigen, brauchen wir dringend eine radikale Veränderung unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung.
 

New Green Deal und grüner Kapitalismus

Mit Hinblick auf die reellen Gefahren durch die global steigenden Temperaturen gibt es Diskurse über einen grünen Kapitalismus bzw. ein Konzept, das sich „nachhaltiger Wachstum“ nennt. Verschiedene Akteure fordern einen sogenannten „New Green Deal“, welcher laut deren Auffassung zu einer nachhaltigeren Wirtschaftsweise führen soll und als Instrument gegen den Klimawandel fungieren soll. Dieser „New Green Deal“ sieht jedoch keine Überwindung der kapitalistischen Grundprinzipien vor. Auch soziale Aspekte werden nicht ausreichend mitgedacht, indem die Klassenfrage dabei ausgeklammert wird.
 
Der grüne Kapitalismus oder der New Green Deal sind keine geeigneten Lösungen für die Bewältigung der Klimakrise, sondern nur Versuche, die ökologischen Grenzen des Kapitalismus zu verschieben oder zu verdecken. Der grüne Kapitalismus setzt auf eine „grüne“ Modernisierung der bestehenden Produktions- und Konsumweisen, die jedoch weiterhin auf einem Wachstumszwang basieren und die Frage nach sozialer Gerechtigkeit ausklammern. Dieser Wachstumszwang führt zu einem ständigen Anstieg des Energie- und Ressourcenverbrauchs, der die Erderwärmung und die Umweltzerstörung beschleunigt.
 

Rebound-Effekte im grünen Kapitalismus

Der grüne Kapitalismus erzeugt zudem sogenannte Rebound-Effekte, die die potenziellen Einsparungen durch Effizienzsteigerungen oder erneuerbare Energien zunichte machen. Rebound-Effekte treten z.B. auf, wenn die Kosten oder der Aufwand für eine bestimmte Aktivität durch technologische Innovationen sinken, was zu einer erhöhten Nachfrage oder einem erhöhten Verbrauch führt. Bspw. kann die Einführung von Elektroautos zu einer Verringerung des CO2-Ausstoßes pro Kilometer führen, aber auch zu einer Zunahme der Gesamtfahrleistung, der Anzahl der produzierten Autos oder der Größe der Autos. Rebound-Effekte können sowohl auf der individuellen als auch auf der gesellschaftlichen Ebene auftreten und die ökologischen Vorteile von grünen Technologien untergraben.
Der grüne Kapitalismus ignoriert auch die grundlegende Diskrepanz zwischen dem Zwang zu Wachstum und den Grenzen der Natur. Der Kapitalismus ist ein System, das auf der Akkumulation von Kapital beruht, das heißt auf der ständigen Vermehrung von Geld und Gütern. Dieses System erfordert eine kontinuierliche Ausbeutung und Zerstörung der natürlichen Ressourcen und der Arbeitskraft, die die Grundlage für die Produktion und den Konsum bilden. Der Kapitalismus ist daher nicht in der Lage, die ökologische Krise zu lösen, sondern ist vielmehr ihre Ursache.
 
Um die Umwelt und das Klima zu schützen, müssen wir den Kapitalismus als solches überwinden. Wir müssen eine radikale Alternative zum grünen Kapitalismus entwickeln, die auf einer anderen Logik und einem anderen Wertesystem basiert.
 

Degrowth als Strategie

Ein Konzept, das hierbei ein linken Kreisen immer wieder Erwähnung findet ist die sogenannte „degrowth“-Strategie, laut der Wirtschaftswachstum als Grundpfeiler der Wirtschaft überwunden werden muss. Kohei Saito hebt jedoch hervor, das sich dies nicht universell verstehen lässt. So gäbe es Regionen insbesondere im globalen Süden, die von Wirtschaftswachstum auch nach dessen Konzeption profitieren würden, während die Industrienationen des globalen Nordens, die sich auch durch Überkonsum auszeichnen, aus ökologischer Sicht von „degrowth“ also einer Abkehr des stetigen Wachstumszwangs profitieren würden. Doch auch Überkonsum innerhalb der Industrienationen lässt sich nicht verallgemeinern, so sind es in der Regel nicht ärmere Haushalte, deren Konsum ernsthafte Auswirkungen auf die Umwelt mit sich bringt, sondern der allgemeine Umgang der Gesellschaften mit Konsum, die Produktionsweiße großer Unternehmen und der Lebensstil der Reichen und gehobenen Mittelschicht.
 
Degrowth und Konsumreduktion bedeutet nicht auf lebensnotwendige Güter verzichten zu müssen oder jene Art des Genusses einstellen zu müssen, sondern neue Maßstäbe zu setzen, die sich an einer Prioisierung von Gütern orientieren. Auch der soziale Aspekt darf hierbei nicht vernachlässigt werden. So sind ledigliche Verteuerungen von unnachhaltigen Produkten keine sozial verträgliche Lösung und klammern die Frage der Klasse komplett aus. Während die einen gut daran täten weniger zu konsumieren und die anderen dringend mehr benötigen würden, sind es jedoch auch keine individuellen Konsumfragen, die eine Lösung gegen die Krise der Umwelt mit sich bringen. Es ist immer eine Frage des Gesamtsystems und nicht individueller Entscheidungen. 
 
Degrowth ist jedoch ohne eine Priorisierung der lebenswichtigen Produktion und eine Vergesellschaftung der großen Ölkonzerne, Großbanken und der digitalen Infrastruktur nicht zu erreichen.  Dieses Modell einer ökologischen und sozialen Transformation ist keine Rückkehr zu einer primitiven oder armen Gesellschaft, sondern eine Abkehr des Überflusses und beruht nicht auf materieller Akkumulation, sondern auf sozialer Gerechtigkeit, kultureller Vielfalt und ökologischer Harmonie. 
 
Übermäßigen Konsum zu fördern, um die grenzenlose Akkumulation aufrechtzuerhalten. Wettbewerbsgesellschaften, die hinsichtlich ihres Wirtschaftswachstums konkurrieren. Privatisierungen von öffentlichen Gütern mit dem Ziel Profite daraus zu generieren. Ausbeutung von Ressourcen und Arbeitskraft, ohne natürliche Grenzen zu beachten, um Märkte dafür zu schaffen… All dies steht einer effektiven Bekämpfungs des Klimawandels und der Umweltzerstörung im Weg. All dies ist jedoch auch auszeichnend für eine kapitalistische Wirtschaftsweise.
 
Die Überwindung des Kapitalismus hin zu einer ökologischen und sozialen Transformation ist eine Vision für eine bessere Welt, in der die Menschen nicht mehr Sklaven des Kapitals sind und jeder Aspekt des Lebens der Kapitalakkumulation untergeordnete wird, sondern der Erhalt einer Lebenswerten Zukunft auch für folgende Generationen im Fokus wirtschaftlicher und sozialer Überlegungen steht. Eine solche Transformation ist eine Notwendigkeit für eine friedliche und demokratische Gesellschaft, in der die Menschen nicht mehr gegeneinander, sondern miteinander kämpfen. Es erfordert jedoch einen politischen Willen, eine soziale Bewegung und eine kulturelle Veränderung. Er erfordert vor allem, dass wir uns von den falschen Versprechen des grünen Kapitalismus befreien und uns für eine radikale Alternative zum grünen Kapitalismus entscheiden. 

Datum: 04.02.2024

Hey 🙂 Danke schon Mal, dass ihr der Einladung gefolgt seid. Ich hab bisher kaum jemanden eingeladen, gerade ist der...

Gepostet von Marisa Blog - Stiftung Gewaltfreies Leben am Donnerstag, 27. Oktober 2022